Stadtkirche

Stadtkirche St. Bartholomäus

Herzlich Willkommen in der Stadtkirche Sankt Bartholomäus Pößneck zu einer kleinen Zeitreise zu den Spuren christlichen Lebens in der Stadt aus den vergangenen neun Jahrhunderten!

Die Reise beginnt um 1280, als der Schaft des 48 Meter hohen Turmes gebaut wurde, der auf der Südseite in das Kirchenschiff hinein ragt. Bemerkenswert ist die bemalte frühgotische Eisentür, die einst den Zugang zur Sakristei darstellte. Wendet sich der Blick nun ins Kirchenschiff, erreichen Sie das 14. Jahrhundert: um 1350 wurde das Schiff als gotische Hallenkirche errichtet, deren Spitzbogenfenster allerdings einzige Zeugen jener Zeit sind. Die Baumeister verzichteten wegen der Hanglage der Kirche auf den Einbau einer Gewölbedecke. Nun steigen Sie die vier Treppen zum Chorraum empor, der aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammt. Er wird überspannt mit einem gotischen Netzgewölbe. Im ersten Schlussstein hinter dem Triumphbogen sehen sie das Christussymbol des Opferlammes mit der Auferstehungsfahne, im zweiten Schlussstein eine stilisierte Rose. Die Rose war zur Erbauungszeit die schönste bekannte Blume und stand für die Schönheit und Vollkommenheit des Himmels. Einige stilisierte Lilien ergänzen das Bild der „Himmelswiese“, die den Menschen einen Vorgeschmack auf das himmlische Paradies geben sollte. Die Gewölbeausmalung erscheint recht sparsam. Wendet sich der Blick jedoch direkt zum Ostfenster hinter dem großen gotischen Kruzifix, sehen Sie die konservierten Reste von einst prachtvollen gotischen Fresken. Eine weitere Aufarbeitung ist leider aus technischen Gründen nicht möglich. Besser erhalten geblieben sind der gotische Sakramentsschrein auf der Nordseite und die beiden Weihekreuze, die an Wallfahrten aus der Erbauungszeit des Chores erinnern. Nun ist Ihre Fantasie gefragt: Stellen Sie sich bitte einen großen gotischen Hochaltar und insgesamt 6 Nebenaltäre im Chorraum und im Kirchenschiff vor, geschmückt mit zahlreichen Heiligenbildern und -figuren. Nichts davon zu sehen? Wir wissen, dass die Reformation in Pößneck 1523 mit einem Bildersturm begann, dem der ganze damalige Kirchenschmuck zum Opfer fiel.

Aus dem folgenden 17. Jahrhundert sehen Sie im Innenraum der Kirche keine Spuren. Diese sind nur von außen erkennbar: Auf das Dach des Schiffes sind zahlreiche barocke Gauben aufgesetzt worden, die Spitzen der beiden Dachreiter wurden mit typischen „Laternen“ verziert. Im Kirchenschiff war der Einbau einer damals beliebten Tonnendecke vorgesehen, der Dachstuhl wurde bereits entsprechend verändert. Glücklicherweise wurde das Vorhaben aber abgebrochen, so dass schwerwiegende statische Folgeschäden wie in anderen Kirchen ausblieben.

Aus dem 18. Jahrhundert stammt eine Besonderheit: Am Turmschaft sehen Sie die große Uhr, die von einem einheimischen Uhrmachermeister für seine Kirche gestiftet wurde. Das Zifferblatt ist umrahmt von den Tierkreiszeichen, die hier wohl als Symbol für die Ewigkeit des Himmels, die die irdische Zeit einrahmt, zu deuten sind. Dem 19. Jahrhundert hat unsere Kirche wesentliche Gestaltungselemente zu verdanken: Gestühl, Emporen und das große Gemälde des letzten Abendmahls sowie das Bild: „Jesus in Gethsemaneh“ der Pößnecker Künstlerin Klara Walther im Schiff; Kanzel, Taufe, das Ölbild Mariae Verkündigung und die großen Bildfenster aus einer Naumburger Werkstatt im Chorraum.

Den Übergang zum 20. Jahrhundert markiert unsere große pneumatische Kreutzbach-Jehmlich-Orgel von 1896/1926, die von 2010-2014 in vier Bauschritten von Grund auf saniert wurde und zu den bedeutendsten Orgeln ihrer Bauart in Mitteldeutschland gezählt werden darf. Die Kronleuchter im Kirchenschiff, geschaffen von einer einheimischen Leuchtenfabrik, ergänzten die Ausstattung in den 1930er Jahren.

Erst die 1980er Jahre hinterließen wieder Spuren in unserer Kirche: Der gotische Chorraum wurde von allen romantischen Einbauten einschließlich der Orgel „befreit“, der große gotische Kruzifix aus einer ehemaligen Pößnecker Kirche aufgestellt und der Steinaltar als „modernes Stilelement“ hinzugefügt.

Und auch die Spuren der jüngsten Vergangenheit sind zu finden: 2015 wurde die Figur der Heiligen Radegunde von Thüringen im Rahmen des Thüringentages im Chorraum aufgestellt. Die thüringische Königstochter, die im 6. Jahrhundert durch viele Werke der Nächstenliebe und der Verkündigung des Gotteswortes u. a. auch als Klostergründerin bekannt wurde, soll uns ein Beispiel für unser Gemeindeleben sein. So werden die Spuren des Glaubens auch heute lebendig.